Hyper Smash Kommunikation 21: Juli 2012

Dienstag, 31. Juli 2012

Hammer, Zange, Link



Einfache Werkzeuge wie Hammer und Zange finden sich in jedem Haushalt und sind für eine Fülle von Aufgaben das beste Mittel zum Zweck. Ähnlich verhält es sich mit dem Link im Wissensmanagement. Der Link ist das beste Werkzeug für das digitale Informations- und Wissensmanagement.

Links verlinken Dokumente und Webseiten im Internet, in Intranets und übergreifend. In Office-Dokumenten lässt sich sehr einfach über strg-K an jeder beliebigen Stelle in Link setzen.
In Webseiten lassen sich Links entweder über HTML oder über Werkzeuge in Editoren-Systemen einfügen.

Je mehr Links, desto besser. Eine Analyse von Wikipedia-Inhalten zeigt ein Verhältnis von 1 Link je 13 Wörtern Text. Im Vergleich dazu beträgt bei der Zeit Online das Verhältnis 1 Link auf 150 Wörter, die zudem alle nur auf Inhalte der Zeit verlinkt sind. Die Zeit folgt dem üblichen Konzept von Druckmedien, die sich im digitalen Raute bewegen: man möchte den Anwender auf der eigenen Seite halten. Wissensmanagement steht hier nicht im Fokus – die kommerziellen Motive der Mediengestalter und Redakteure sind klar erkennbar. Im Wissensmanagement in Unternehmen sollte es daher Verfahren geben, die Häufigkeit von Links und die Link-Zieladressen auszuwerten und zu steuern.

Links kann man auf einer Webseite statisch anordnen oder dynamisieren. Ein gutes Beispiel ist das von deutschen Verlegern häufig kritisierte News-Angebot von Google. In eine dynamische Beziehung gesetzt werden hier die Aktualität des Links (wie neu ist der Link), Quelle (wie relevant ist das Medium) und Rubrik (Wirtschaft oder Sport). Fertig. Was passiert noch? Je aufgeführtem Link werden noch die ersten Zeilen der zitierten Webseite angezeigt und in einigen Fällen das Foto angezeigt, dass nach dem Link als erstes angezeigt wird. Dieses äußert einfache Prinzip erspart dem Anwender das Hin- und Herklicken zwischen sehr vielen Webseiten. Aber man könnte ja, wenn man wollte.

Da Links zu Seiten linken, die auch wieder verlinkt sind, entstehen durch Webseiten mit vielen Links schnell kaskadenförmige Gebilde, die sich für den schnellen Zugriff auf verteilt angeordnete Information besonders eignen.

Links - Quelle: WikiCommons


Eine gut gemachte Startseite im Wissensmanagement in Unternehmen wird auch noch persönliche Informationen als weiteres Beziehungselement in die Linksammlung (a.k.a. Startseite) mit aufnehmen. Dieses Element kann entweder in einem persönlichen Profil hinterlegt sein (interessiert sich prinzipiell für A und B) oder der Anwender wird per Cookie getrackt (interessierte sich bei den letzten Besuchen für C und D). In Unternehmen dürfte eine sinnvolle Mischung von statischen, dynamischen und persönlichen Links auf der Startseite zu den besten Ergebnissen führen. Natürlich braucht man zunächst eine gut geölte Suchmaschine im Unternehmen, mit denen man all die neuen Links finden und zuordnen kann. Im Klartext: wer Wissen in Unternehmen nach den Regeln der Online-Medien strukturiert, vergibt die größten Chancen und fährt gegen die Wand.

Links für HTML wurden von Tim Berners-Lee am CERN in der Schweiz erfunden. Die erste Version wurde am 3. November 1992 veröffentlicht. Mal sehen, ob dieses Jahr noch ein paar Medien an die 220. Geburtstag denken. Was wäre das Wissensmanagement ohne das einfachste aller Werkzeuge?

Sonntag, 29. Juli 2012

Hirsebrei und Überfluß


Gebrüder Grimm Denkmal in Hanau, Quelle: WikiCommons
Es war eine Zeit, in der Hunger eine reale tägliche Gefahr war, als das Grimm‘sche Märchen vom Mädchen und dem Topf entstand, in dem immerzu der süße Hirsebrei kocht und überquillt, so dass sich alle satt essen können. In der digitalen Ökonomie gibt es heute Überfluss zum Nulltarif. Ob Google Drive oder DropBox: 5 GB zum Nulltarif gibt es an jeder digitalen Straßenecke und eine Festplatte mit 1 TB gibt es für unter € 100. Das Versprechen der Cloud scheint wahr zu werden. Möglich wird dies, weil Online-Firmen in ihren Rechenzentren die Daten immer dichter packen können und auf teure Spitzentechnologie verzichten. Google verbaut in seinen Rechenzentren nicht-zertifizierte B-Ware und nimmt Hardware-Defekte einfach in Kauf, weil darüber eigenentwickelte Speichersoftware die Ausfallrate von 4% im Jahr für den Anwender einfach wegbügelt.

Bei Facebook entsteht bei 1 Mrd. Post am Tag (zu 5 kb) und 250 Mio. Fotos am Tag (zu 20kb) täglich ein Speichervolumen von 10.000 GB, dass für alle Ewigkeit weggespeichert wird. Kein Wunder, dass Anwender den gleichen Überfluss auch im Unternehmen erwarten. Diese tun sich aber in der Bereitstellung schwer damit, weil dort häufig  hochverfügbare Speicherumgebungen für Geschäftsdaten gebaut wurden, die für den Zweck der Massenspeicherung viel zu teuer sind.

Für das Informations- und Wissensmanagement ist Speicherplatz im Überfluss jedoch der ideale Nährboden. Je mehr strukturierte Angebote den Anwendern in Unternehmen zur Verfügung stehen, seien es Fileserver, Postfächer, Intranets, Shares, Collaboration Rooms, Wikis oder Soziale Medien, desto besser. Menschen im Unternehmen werden sich genau so verhalten wie im Privatleben, wo sie sich ebenso zunehmend wie selbstverständlich und lokal wie global digital mit anderen Menschen austauschen, von Chat bis Skype.

Naturgemäß fürchten Unternehmen den Kontrollverlust. Mit einer ganzheitlichen Strategie zum Informationsmanagement kann man dem aber begegnen. Beispielsweise kann man mit semantischen Texterkennungs- und Klassifizierungsprogrammen erkennen, wenn kritische Dokumente ungesichert am falschen Ort abgelegt werden. Mit Security Incident Event Management (SIEM) können Regeln definiert werden um Regelbrüche automatisiert zu erkennen. Mit Social Media Miner (SMM) kann auch in Sozialen Medien in Unternehmen soziale Kontrolle ausgeübt werden. Wer die Datenflut ruft sollte besser mit den richtigen Werkzeugen vorbereitet sein, um den überquellenden Überfluss beherrschen zu können.

Freitag, 27. Juli 2012

Was verbindet Maria Montessori und Watson?


Quelle: Webbyawards.com
Die Renaissance der Verschriftung bedeutet eine gravierende Veränderung im Kommunikationsverhalten vieler. Es wird weniger telefoniert und deutlich mehr geposted, gechatted und geteilt. Gleichzeitig steigt das Verlangen nach Personalisierung während des Kontakts. Aus diesen Zutaten lassen sich klare Rezepte ableiten: 

Über eine personalisierte Präsenz in sozialen Netzwerken in Unternehmen können Nachrichten (Änderungswünsche, interne Aufträge, Nachfragen) in Schriftform erfasst werden. Großunternehmen können hier ihre Skalenvorteile klar ausspielen. Über eine automatisierte Erfassung von Schlagwörtern können Texte ausgewertet und  vorqualifiziert, in Ticketsystem eingespeist und einzelnen Mitarbeitern nach deren Fähigkeiten zugestellt werden. Das führt zu einer Entlastung in der Telefonie und zu einer besseren Verteilung der Arbeitsmengen über Teams und Betriebszeiten.

In einem weiteren Schritt können Probleme, die in solchen verschrifteten Dialogen erfolgreich gelöst wurden, in geeigneter Form  in Wissensdatenbanken oder FAQ-Sammlungen gesammelt werden. Die Verkopplung solcher Wissensfundorte mit Intranet-Portalen und optimierten Suchfunktionen kann genutzt werden, um Anwendern im Unternehmen – frei nach Maria Motessori - „Hilfe zur Selbsthilfe“ anzubieten. Je mehr Wissen in internen Plattformen qualifiziert gesammelt wird, desto mehr kann man auch wieder herausholen.

Etwas weiter weg, aber im technologischen Sinne bereits gelöst, ist das automatische Auslesen des gesammelten Wissens durch Computer. In der US-Quizshow Jeopardy schlug im März 2011 erstmals ein IBM-Computer namens Watson die menschlichen Mitspieler, da er auf alle Fragen schneller die Antworten fand. Das automatische Antworten auf komplexe menschliche Fragen per nahezu natürlicher Stimme wird einen signifikanten Einfluss auf die volkswirtschaftliche Entwicklung nach dem Jahr 2020 haben und Berufsgruppen berühren, die heute noch sakrosankt erscheinen.

Auch Lösungen wie SIRI von Apple werden die Interaktion von Anwendern in Unternehmen mit Informationen in Unternehmen völlig verändern. Statt Begriffe in Suchfelder tippen, kann man auch natürliche Sprache verwenden, wenn die Siri-ähnliche Anwendung mit Datenbanken des Wissensmanagement verknüpft ist. Das Video hier zeigt eine Demo, wie man Siri verwenden kann, um Informationen aus einem SAP-System zu holen.

Mittwoch, 25. Juli 2012

Nur eine Frage der Zeit


Bei sozialen Netzwerken ist es nicht mehr die Frage ob sondern nur wann Unternehmen diese für ihre interne Kommunikation einsetzen. Zu groß ist das Nutzerinteresse an großen Lösungen wie Facebook, als das keine Veränderung der Kommunikationskultur in Unternehmen nach sich ziehen würde. Nach einer Umfrage im Economist erwarten 23% aller Top-Entscheider die größten wirtschaftlichen Umbrüche für ihr Unternehmen in den nächsten 10 Jahren durch soziale Medien.

Das Gegenstück zu Twitter in Unternehmen heißt Yammer. Dieser Microblogging- oder Tweet-Dienst hat nach eigenen Angaben 3 Mio. Mitglieder, was sich natürlich zwergenhaft gegen die Nutzerzahlen von Facebook ausmacht. Das Wachstum erscheint jedoch vorprogrammiert, da Microsoft Yammer im Juni für 1,2 Mrd. $ gekauft hat. Naheliegend erscheint eine Intergration in Outlook und Sharepoint in späteren Versionen. Yammer ist heute mandantenfähig und macht Tweets nur Teilnehmern mit der gleichen eMail-Adresse sichtbar. Man bleibt also unter sich.


Quad von Cisco geht noch einen Schritt weiter und empfindet in weiten Teilen die Facebook-Lösung für Unternehmen nach. Man kann ein persönliches Profil anlegen, sharen/teilen, Nachrichten und Anhänge versenden, nach Personen suchen, sich mit Personen verbinden. Nützlich ist das Ganze für das Wissensmanagement, da sich innerhalb eines Unternehmens Mitarbeiter leichter tun sollten, ihre persönliche Expertise durch entsprechende Meta-Information sichtbar zu machen oder durch Tweets seinem Bezugskreis mitzuteilen, woran aktuell gearbeitet wird. Wisssen, dass sichtbar mit einer Person verknüpft ist, hat einen völlig anderen Stellenwert, als wenn eine Mail von einer anonymen Mail-Adresse (a.k.a. Newsletter) verschickt wird. Laut einer Umfrage empfinden 82% aller Nutzer die schriftliche Kundenkommunikation über klassische und digitale Medien als nicht ausreichend persönlich. Jeder von uns ist ein Mensch und möchte als solcher individuell angesprochen werden.



Aber, was stand im Capital, Ausgabe November 2011: Top-Entscheider vermeiden soziale Netzwerke. Nur 28% der Befragten Chefs nutzen soziale Medien wie Facebook oder Xing. Allerdings bestehen große Unterschiede nach Parteipräferenzen. Am wenigsten nutzen Top-Entscheider, die der FDP nahe stehen, soziale Netzwerke. Zur Ehrenrettung sei hinzugefügt, dass das für Guido Westerwelle nicht gilt. Dann folgen Anhänger der Union und die der SPD. Mit 43% nutzen am meisten Führungskräfte, die den Grünen nahestehen, soziale Netzwerke. Allerdings verrät Capital nicht, wie viele Top-Entscheider Grüne sind. Nun liegt der Rückschluss nahe: wenn Top-Entscheider soziale Netzwerke nicht nutzen, werden sie auch kaum Entscheidungen herbeiführen, soziale Netzwerke in Unternehmen einzuführen.  Bedeutsam wird diese Frage aber für deutsche Firmen, die stark im Ausland tätig sind. Nicht nur anderswo in Europa (namentlich Russland) werden soziale Medien viel intensiver genutzt als in Deutschland, sondern vor allem in Nordamerika und an erster Stelle in Asien. Deutsche Firmen laufen also am ehesten Gefahr, den globalen Trend bei der Verschiebung der präferierten Kommunikationskanäle zu verschlafen.

Montag, 23. Juli 2012

Ist Amazon transparent?


Peter Eigen, Quelle: WikiCommons
„Wissen ist Macht“ – dieser Satz gilt gerade oder auch trotz der Piraten in der digitalen Ökonomie des 21. Jahrhunderts. „Transparency International“ stellt in seinem neuen Bericht anhand von harten Kriterien fest, dass Intransparenz vor allem in der Internet-Branche weit verbreitet. Amazon liegt bei den globalen Unternehmen mit seiner Intransparenz auf Platz 99 von 105 und damit hinter der politisch vielgeschmähten russischen Gazprom. Bewertet wurden Faktoren wie die Offenlegung von Beteiligungen und Tochtergesellschaften, Umsatz und Ertrag pro Land oder Steuern und Abgaben je Land. Wer schon mal die mehrere hundert Seiten dicken Jahresberichte von Google (Platz 95), Apple Platz 91) oder Amazon (Platz 99) gelesen hat, weiß, dass die interessantesten Zahlen und Hinweise sich in den Fußnoten verstecken. Das wird zum einem am knallharten Wettbewerb im Internet-Geschäft liegen, zum anderen aber eben daran, dass Unternehmen, die erfolgreich im digitalen Raum agieren, der Wert ihrer eigenen Information bewusster ist und die deshalb entsprechende Informationsarchitekturen entwickeln, die nur unvermeidbare oder gewünschte Informationen nach außen gelangen lassen. Man fragt sich ja auch, ob die Geschichte mit dem iPhone-Prototypen, das in einer Bar im Silicon Valley liegen blieb, in Wirklichkeit nicht ein perfekt inszenierter Publicity-Stunt war.

Weniger bekannt: Transparency International (TI) wurde von Peter Eigen, einem deutschen Banker, 1993 in Berlin gegründet und betreibt heute 100 „International Chapters“ rund um den Globus. Damit ist TI ein frühes Beispiel für vernetztes idealistisches Expertentum, das so viel bewegt.

Samstag, 21. Juli 2012

Expertise im Netzwerk – Wetterballons und Plagiate


Max Weber, Quelle WikiCommons
Was Wikipedia im großen Stil kann, geht auch im kleineren Häppchen: Menschen mit Leidenschaft für ein bestimmtes Thema tragen ihr Wissen zu sehr spezifischen Sachverhalten auf spezialisierten Internet-Plattformen zusammen und kommen sehr schnell zu handfesten Ergebnissen, die manchmal auch unmittelbare politische Auswirkungen haben. Diese Formen der Zusammenarbeit (Collaboration und „Crowdsourcing) sind zugangs- und hierachiefrei. Darin unterschieden sie sich von den früheren Formen, als ein Expertenstatus an Titeln oder an der Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen festgemacht wurde. Digitale Experten hingegen qualifizieren sich über ihr Wissen und ihre idealistische Kooperationsbereitschaft. In der neuen Ökonomie des Wissens kann jeder ein Experte für jedes Thema sein – Hauptsache er kann und will einen qualifizierten Beitrag leisten. Zwei gute Beispiele:

Am 5. Dezember 2009 platzierte die DARPA insgesamt 8 große rote Wetterballons verteilt über die USA – eine Fläche von fast 10 Millionen km². Dazu stiftete die DARPA einen Preis von $ 40.000 für denjenigen oder diejenige Gruppe, die als schnellste die Position der Wetterballons in eine Webseite der DARPA eintragen kann. Für einen Einzelnen ist die Aufgabe nicht lösbar. Auch größere Gruppen hätten früher große Schwierigkeiten gehabt, diese Suche zu organisieren und sich die Suchergebnisse mitzuteilen. Eine Studentengruppe der MIT in Boston löste diese Aufgabe noch am gleichen Tag und benötigten dafür 9 Stunden. Als Technik setzten sie Webservices für das Crowdsourcing von Beobachter quer über die USA ein, die über virales Marketing in sozialen Medien gefunden wurden. Das folgende Video zeigt, wie sich das virale Netz über die USA entwickelt sowie die Lokation der Ballons.



Im bekannten deutschen Beispiel „Vroni Plag“ untersuchen digitale arbeitende Experten die Promotionen von Prominenten auf Plagiate. Die erste Untersuchung beschäftigte sich mit Veronica Saß, der Tochter von Edmund Stoiber – daher der Name der Seite. Seit März 2011 wurden so 26 Promotionen gemeinschaftlich untersucht. 53 Experten untersuchten bisher über 7.000 Abschnitte von Promotionen. 

Quelle: VroniPlag.de

Das farbige Bild der inkriminierten Abschnitte schaffte es auch bis in die Tagesschau. Bis heute wurde aufgrund der Vorarbeit von VroniPlag acht Personen der Doktorgrad durch die jeweilige Universität aberkannt.

Hierarchischen Unternehmen tun sich mit dem Einsatz dieser wirkungsvollen Vorgehensweisen aber schwer. Wie schon der Soziologe Max Weber (*1864 in Erfurt, Foto oben rechts) bemerkte, schränkt überbordende Bürokratie den Ermessensspielraum des Individuums Zug um Zug soweit ein, dass schließlich die Initiative des Einzelnen verloren geht und das Ganze gefährdet ist.