Hyper Smash Kommunikation 21: November 2015

Montag, 30. November 2015

Agiles Kampfflugzeug im Wasserfall

Foto Krasimir Grozev [Lizenz CC BY-SA 3.0}
Ein Kampfflugzeug besteht aus jeder Menge unterschiedlicher und integrierter Hardware und einer ganzen Menge an Software, die alles zusammenhält und die Flug- und Kampffähigkeit herstellt. 

Wird bei einem Eurofighter die Steuerungssoftware abgeschaltet, fällt der Flieger im Prinzip wie ein Stein vom Himmel. Ein wichtiges Designprinzip für dieses Jagdflugzeug war die gewünschte aerodynamische Instabilität, da hiermit die Manövrierfähigkeit des Flugzeuges gesteigert werden konnte. 

Die Instabilität bewirkt, dass bei Einwirkung bereits kleinster Kräfte, ausgelöst beispielsweise durch Veränderung der Anstellwinkel der Vorflügel, der Rumpf der Maschine in einer Kurve wegkippt. Bei dicken Fliegern mit Segelflugeigenschaften muss man dafür per Energieeinsatz erst einmal das Trägheitsmoment der Masse überwinden und verliert dadurch Zeit, die man in einem Dogfight gegen eine gegnerische Maschine nicht hat. Erstaunlicherweise verhält sich der Eurofighter im besten Sinne des Wortes AGIL, obwohl die Konzepte bereits aus den sechziger und siebziger Jahren stammten. 

Im August 1985 wurde der offizielle Startschuss gegeben und im Juni 2003 wurde das erste seriengefertigte Modell vorgestellt. Der Zeitraum für die Phasen „Plan“ und „Build“ von satten 18 Jahren klingt nun aber nicht agil, sondern eher nach einem üppigen Wasserfall. Als Wasserfall bezeichnen wir träge und strikt sequentielle Methoden der Softwareentwicklung. 

Tatsächlich beträgt heute die Cycle-Time für einen Major Release für die Eurofighter etwa 10 Jahre. Als Cycle-Time bezeichnen wir die Zeitspanne, die zwischen der Erfassung der Kundenanforderung bis zum Einsatz der Software in der Produktion vergeht. Diese lange Zeitspanne ist auch auf die komplexe Abstimmung zwischen den Beteiligten zurückzuführen, die sich aus der dezentralen Fertigung der Komponenten ergibt. 

Für die Durchführung des Einsatzes werden 40 Computer benötigt, die mit einem Glasfasernetz miteinander verknüpft sind. Natürlich hat sich die Computertechnik auch hier in den letzten zwanzig Jahren dramatisch weiterentwickelt und so werden heute Einsätze geflogen, bei denen ein iPad an einer Seite an das Cockpit montiert wird und an der anderen Seite auch ein Blackberry mitfliegt. Die Möglichkeit für neue Einsatzoptionen ergibt sich aus den Fortschritten in der Softwareentwicklung. Dabei gibt es aber für unterschiedliche Abnehmerländer unterschiedliche „Branches“. Beispielswiese ist die Fähigkeit zur Bekämpfung von Bodenzielen („Air To Ground“ – ATG) bei den britischen Eurofightern bereits produktiv implementiert. 

Da es aus Deutschland die höchsten Anforderung (oder auch die meisten Wünsche) gab, aber anschließend die wirtschaftlichen Mittel gestrichen wurden, kann die Luftwaffe ihre Eurofighters heute noch nicht gegen Bodenziele einsetzen.